Original Background, Problem Statement & Goal from UBA (DE)
Energieeffizienz-Kennwerte von Komponenten und Werkzeugen der Softwareentwicklung und Vorarbeiten zur Etablierung einer Kennzeichnung für energieeffiziente Software.
1. Hintergrund und Problemstellung
Mit der Digitalisierung entstehen neue Geschäftsmodelle und Dienstleistungen, die überwiegend auf softwarebedingten Innovationen basieren. So wird mit künstlicher Intelligenz (KI) die Informationstechnik (IT) befähigt, eigenständig Probleme zu lösen und Handlungen zu initiieren. Auf Basis von assistentengestützten Funktionalitäten finden stärkere Automatisierung in den Transportsystemen und in der verarbeitenden Industrie statt und anhand von Algorithmen werden in großen Datenbeständen Muster und Gesetzmäßigkeiten erkannt, die neue Geschäftsideen entstehen lassen.
Die digitalen Technologien haben gemeinsam, dass sie auf die Vernetzung und Verarbeitung von Daten angewiesen sind. Das bedeutet, dass die Digitalisierung ein Treiber für die Softwareprodukte und das Datenvolumen ist. Das Ergebnis einer stichprobenartigen Umfrage unter 134 Unternehmen durch den Bitkom-Verband ergab, dass in 2018 58 Prozent der Unternehmen ihre Umsätze im Bereich der Software und 54 Prozent im Bereich der IT-Services erzielt wurden. Lediglich 24 Prozent der Unternehmen generierten die Umsätze durch den Verkauf von IT-Hardware. Anhand der Umsätze in den letzten 10 Jahren wird deutlich, dass die Bedeutung der Software zugenommen hat. So wurden im Jahr 2009 mit Softwareentwicklung und Softwareverkäufen in Deutschland ca. 14,3 Milliarden Euro umgesetzt, im Jahr 2019 bereits 26 Milliarden. Für das Jahr 2020 wird ein Anstieg auf 27,6 Milliarden prognostiziert1.
Die Disziplinen Softwareentwicklung und Datenverarbeitung unterliegen bisher keiner Beschränkung durch die Technik. Denn ineffiziente Programmierung wird vielfach durch immer schnellere Prozessoren und mehr Hauptspeicher kompensiert und die Fähigkeit der Netze immer mehr Daten in immer kürzere Zeit zu übertragen, trägt nicht zur Datensparsamkeit bei. Die hohe Inanspruchnahme der Hardware – durch ineffiziente oder aufgeblähte Software - hat wiederum unmittelbare Auswirkung auf den Energieverbrauch und den Erneuerungszyklus der Hardware.
Regulatorische und normative Anforderungen, die zur Sparsamkeit und somit zur Energieeffizienz und Ressourcenschonung der Software führen, existieren weder auf nationaler, noch auf europäischer Ebene. Mit der Europäischen Öko-Design-Richtlinie werden Anforderungen an die umweltgerechte Gestaltung energieverbrauchsrelevanter Produkte definiert und Effizienzwerte vorgeschrieben. Die Produkte, die durch Software gesteuert werden und die unter die Ökodesign-Richtlinie fallen– wie Computer und Computerserver -, unterliegen jedoch keinen Anforderungen zur Datensparsamkeit oder nach effizienter Programmierung. Obwohl die Software einen großen Einfluss auf den Energieverbrauch in der Nutzung der elektronischen Geräte hat, bleibt damit eine wichtige Einflussgröße ungenutzt, denn ein Großteil der energieverbrauchsrelevanten Produkte wird inzwischen durch Software gesteuert.
Mit dem Umweltzeichen Blauer Engel für Software2 wurde ein erster Schritt gemacht, um aus Sicht des Klima- und Ressourcenschutzes qualitative Mindestanforderungen an Anwendungs-Software zu stellen und den Energieverbrauch und die
Hardwareinanspruchnahmen zu messen. Außerdem wird mit dem Umweltzeichen das Problembewusstsein der Umweltbelastung durch Software erstmalig geschaffen.
2. Ziel und Gegenstand des Forschungsprojekts
Das Fehlen von gesetzlichen Vorgaben und normativen Anforderungen an die Energieeffizienz der Softwareprodukte hat zur Folge, dass die Energieeffizienzgewinne der Hardware durch ineffiziente Software oder schlechte Softwarekonzepte nicht oder nur teilweise zum Tragen kommen. Die prognostizierten zukünftigen Umsatzsteigerungen im Bereich der Software lassen vermuten, dass sich der Energieverbrauch der IKT weiter exponentiell erhöhen wird, sofern die Energieeffizienzpotenziale der Software nicht gehoben werden.
Das Vorhaben hat zwei Ziele. Mit dem Vorhaben sollen Softwareentwickler*innen unterstützt werden, energieeffiziente und hardwareschonende Software programmieren zu können. Darüber hinaus soll mit dem Vorhaben die Machbarkeit einer Kennzeichnung von energieeffizienter Software untersucht und ein Konzept zur Bewertung der Energieeffizienz erarbeitet werden.
Der Software-Lebenszyklus besteht aus einer Reihe von Entwicklungsstufen, hierzu gehören die Modellierung und Architekturentwurf, der Entwicklungsprozess, die Tests und Fehlerbereinigung und schlussendlich die Bereitstellung der Software. In jeder dieser Entwicklungsstufen finden Entscheidungsprozesse statt, wie die Wahl der Programmiersprache, die Einbindung von fertigen Komponenten und Bibliotheken sowie die Methoden zum Test und zur Verteilung. Mit dem ersten Ziel des Vorhabens sollen Entwickler*innen dabei unterstützt werden, in den Entstehungsprozessen der Software Entscheidungen für die energieeffizientere Variante treffen zu können. Hierfür ist es wichtig, das Problembewusstsein durch verschiedene Kommunikationswege in die Entwicklerszene zu etablieren. Darüber hinaus sollen Voraussetzungen geschaffen werden, die Messbarkeit des Energieverbrauchs von Softwarekomponenten zu vereinfachen.
Mit dem zweiten Ziel des Vorhabens soll die Energieeffizienz der Software für Dritte transparent gemacht werden. Hierfür sollen die Machbarkeit eines nationalen Bewertungssystems für energieeffiziente Software und die Möglichkeit einer grafischen Darstellung für energieeffiziente Software untersucht und ein Konzept zur Bewertung der Energieeffizienz entwickelt werden.
Zusätzlich soll das Vorhaben dabei unterstützen, die Klimaschutzziele zu erreichen und als Grundlage dienen, um künftige, weiterführende Lösungen zu finden.
1 https://de.statista.com/statistik/daten/studie/189894/umfrage/marktvolumen-im-bereich-software-in deutschland-seit-2007/
2 https://www.blauer-engel.de/de/produktwelt/elektrogeraete/ressourcen-und-energieeffiziente softwareprodukte